An mein Kind


Dir will ich meines Liebsten Augen geben

Und deiner Seele flammenreines Glühn.

Ein Träumer wirst du sein und dennoch kühn

Verschlossne Tore aus den Angeln heben

Wirst ausziehen,das gelobte Glück zu schmieden.

Dein Weg sei frei.Denn aller Weisheit Schluss

Bleibt doch zuletzt,dass jedermann hienieden

All seine Fehler selbst begehen muss.

Ich kann vor keinem Abgrund dich bewahren,

Hoch in die Wolken hängte Gott den Kranz.

Nur eines nimm von dem,was ich erfahren:

Wer du auch seist, nur eines-sei es ganz!

Du bist,vergiss es nicht,von jenem Baume,

Der ewig zweigte und nie Wurzeln schlug.

Der Freiheit Fackel leuchtet uns im Traume-

Bewahr den Tropfen Öl im alten Krug!

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Mascha Kaléko